„Weibliche Visionen im 13. Jahrhundert – Mechthild von Magdeburg und ihre Zeit“
01.06.2008
Inzwischen neigt sich das sehr erfolgreiche Gedenkjahr anlässlich des 800. Geburtstages Mechthild von Magdeburgs seinem Ende entgegen. Mit zahlreichen Höhepunkten in einem vollen Festkalender machte die Kulturinitiative des Bistums Magdeburg auf die scheinbar vergessene Mystikerin aufmerksam und holte sie in das Bewusstsein vieler Magdeburger, Sachsen-Anhalter und deren Gäste zurück.
Bereits seit Sommer 2002 wird in der Nähe der Magdalenenkapelle in Magdeburg mit dem FrauenOrt an Mechthild von Magdeburg erinnert. Nun, 6 Jahre später, wurde mit einer erneuten Spurensuche im Rahmen des Kolloquiums „Weibliche Visionen im 13. Jahrhundert – Mechthild von Magdeburg und ihre Zeit“ im Roncalli-Haus Magdeburg verbunden mit einer Exkursion nach Magdeburg, Sangerhausen und Kloster Helfta das Thema erneut aufgegriffen. Eine Veranstaltung, die der FrauenOrte Sachsen-Anhalt e.V. zusammen mit dem Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V., der HVHS Roncalli-Haus, dem Amt für Gleichstellungsfragen der Landeshauptstadt Magdeburg, dem Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V., der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, Diözesanverband Magdeburg sowie dem Projektbüro „800 Jahre Mechthild von Magdeburg“ organisierte und vom 30. Mai bis 01. Juni 2008 durchführte. Bereits am ersten Tag konnte von den TeilnehmerInnen sowohl mit der Erkundung der Ausstellung „Minne Mut Mystik“ als auch über das Theaterprojekt „Meinen Himmel kann niemand zerstören“ von Bernd Kurt Götz (Regie von Gisela Begrich) ein erster Einblick in Leben und Wirken der Mystikerin gewonnen werden.
Der zweite Tag rückte mit dem 13. Jahrhundert jene Zeit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, in der nicht nur Mechthild von Magdeburg sondern auch die Landgräfin Elisabeth von Thüringen (1207-1231) und Jutta von Sangerhausen (um 1220-1260) Spuren hinterließen. Diese Frauen lebten (alle) in einer Zeit starker sozialer Spannungen und tiefer Religiosität. Davon ausgehend fanden sie unterschiedliche Antworten auf die Probleme ihrer Zeit, Aspekte, die im Tagungsverlauf beleuchtet wurden. Katharina Wieacker (Münster) versuchte die „Sozialen Spannungen und religiösen Umbrüche – Das 13. Jahrhundert aus heutiger Sicht“ darzustellen. Herr Stephan Jahns (Magdeburg) referierte anschließend über die Frauenklöster Mitteldeutschlands und Dr. Gudrun Wittek (Magdeburg) löste „Rätsel um Mechthild von Magdeburg“ anhand der vorhandenen Quellenlage. Anschließend lud Dr. Monika Lücke (Halle) das Publikum ein, mit ihr den „Weg Juttas von Sangerhausen nach Kulmsee – eine „weltliche“ Heilige im 13. Jahrhundert“ nachzuvollziehen und dabei die „Unbekannte Heilige mit der Sonne“ kennen zu lernen. Auch im Eherecht war damals vieles nicht anders als heute – ob im 13. oder im 16. bzw. im 21. Jahrhundert. Das versuchte Dr. Ralf Frassek mit seinem Beitrag „Liebe, Leid und Vernunft – Die Konstituierung und Praxis des frühen evangelischen Eherechts“ anhand verschiedener Quellen zu belegen. Am Nachmittag wechselten die TeilnehmerInnen den Veranstaltungsort um sich auf neue Weise dem Thema zu nähern. Eine Führung in der Kirche St. Mechthild mit Hiltrud Bleier (Magdeburg) wurde zum besonderen Erlebnis, da sie neben der Entstehungsgeschichte des Sakralbaus nicht nur die offensichtlichen Kunstwerke im Kirchenraum erläuterte, sondern auch eine wunderschöne Statue aus der „Schatzkiste“ holte. Vor dem Hintergrund des „Brennenden Dornbusch“, einer mit bunten Glassteinen gestalteten Fensterfront, referierte anschließend Dr. Hildegund Keul (Bonn) in einem fesselnden Vortrag über „Das fließende Licht der Gottheit bei Mechthild von Magdeburg“.
Damit war das Programm des Samstags noch längst nicht abgeschlossen. Zurück im Roncalli-Haus wurden alle Anwesenden zur abschließenden Podiumsdiskussion „FrauenOrte in Sachsen-Anhalt – Patenschaften und Beweggründe“ eingeladen. Katharina Doye (Potsdam) sprach mit Ulrich Stockmann (Mitglied des Europäischen Parlaments), dem Paten des FrauenOrtes Mechthild von Magdeburg, über seine Gedanken, solch eine Patenschaft zu übernehmen und fragte sogar nach Ideen, wo man für solche Projekte noch Gelder akquirieren könnte. Antje Peters, Geschäftsführerin des Landesfrauenrates Niedersachsen und Projektleiterin der FrauenOrte Niedersachsen stellte ihr Konzept zu FrauenOrten in Niedersachsen vor und machte auf den ersten FrauenOrt in Erinnerung an Dr. Anita Augspurg in Verden aufmerksam. Weitere Gäste waren Pia-Berit Zeumer (Arbeitskreis Jutta von Sangerhausen), Dr. Elke Stolze und Herr Dr. Fachmann (Vorsitzender des Freundeskreises der Neuenburg in Freyburg). Die Gedanken zu den FrauenOrten waren äußerst positiv und regen zur weiteren, nachhaltigen Arbeit an.
Der Tag fand mit dem Besuch des Konzertes „Mechthild und Hildegard“ (Vocalconsort labia vocalia) in der Kirche St. Sebastian seinen kulturellen Abschluss. Unglaubliche Töne erklangen im Kirchenraum, teilweise ganz ohne technische Unterstützung. Die Mischung von mittelalterlichen und modernen, technischen Klängen machte das Konzert zu einem interessanten und spannenden Höhepunkt.
Am Sonntag begaben sich die TeilnehmerInnen mit dem Bus auf Spurensuche. Erster Halt war das Kloster Helfta, Lutherstadt Eisleben. Während einer Führung erfuhren die TeilnehmerInnen vieles über das Leben im und über die Geschichte des Klosters. Mechthild von Magdeburg verbrachte hier ihre letzten Lebensjahre, trat jedoch nie in den Orden ein. Kloster Helfta galt im 13. Jahrhundert als Zentrum mittelalterlicher Frauenmystik, noch heute hält es die Erinnerung daran wach und macht auf Gertrud und Mechthild von Hackeborn, Gertrud die Große wie auch Mechthild von Magdeburg aufmerksam. Die nächste Station stand im Zeichen Jutta von Sangerhausens. In Sangerhausen wurde der Bus von „Jutta von Sangerhausen“, alias Jana Peter-Kleemann, empfangen. Sie führte die TeilnehmerInnen an Orte, die auch Jutta von Sangerhausen gekannt haben musste, wie zum Beispiel die Kirche St. Ulrici oder der Töpferberg.
Abschließend stellte sie das Jutta von Sangerhausen Zentrum, in dem sich eine kleine Ausstellung befindet, vor.