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Neue Residenz Halle (Erste Geburtshilfliche Klinik)

In der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte in Europa ein entscheidender Wandel der Gebärkultur ein. Dieser Prozess ging mit der Schaffung klinischer Einrichtungen zu Ausbildungszwecken einher.

Schon 1741 wies die Universität Halle die Fachrichtung Geburtshilfe im Lehrplan der Medizinischen Fakultät aus. Über vierzig Jahre später gründete Phillipp Friedrich Theodor Meckel ein „Privat-Accouchier-Institut“ in Halle und begann hier mit der geburtshilflichen Ausbildung am Krankenbett. Studenten war gegen Zahlung von fünf Talern der Zutritt möglich.

Die erste wirkliche Accouchieranstalt – so wurden die Geburtshäuser in Anlehnung an ihre französischen Vorbilder in Paris und Straßburg genannt – begründete die Universität Halle 1806 mit Justus Christian Loder (1753-1832) in Glaucha. Sie existierte aber nur kurze Zeit. Als 1808 die Universität wieder öffnete, galt dies auch für das Entbindungsinstitut, das zunächst in verschiedenen Privathäusern untergebracht war.

Carl Friedrich Senff (1776-1816) ließ in der Residenz Räume nach seinen Vorstellungen für das Entbindungsinstitut ausbauen und zog 1811 mit der Klinik hier ein. Mit seinem Umzug in die neu gebaute Universitäts-Frauenklinik in der Magdeburger Straße 1879, war es kein Entbindungsinstitut mehr sondern zunehmend auch ein Ort für die Behandlung gynäkologischer Krankheiten. Neben Bonn (1868), Königsberg (1871) und Greifswald (1875) gehörte es nunmehr zu den frühesten Beispielen moderner gynäkologischer Abteilungen.

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Weiterführende Hinweise:

Zu den Öffnungszeiten: Die Räumlichkeiten der Neuen Residenz werden saniert und sind normalerweise nicht öffentlich zugänglich. Im Rahmen von temporären Outdoor-Ausstellungen ist der Innenhof jedoch begehbar. Das nächste Mal zum
FRIEDENSFEST (Ausstellung, 30. September – 4. Oktober täglich 10-19 Uhr)

Hier eine kleine Nachlese zur 2023er Sommerausstellung, die ins „Wortreich“ mit dem Schwerpunkt „Deutsche Sprache“ entführte.

Zur Geschichte der Geburtshilfe:

Anfang des 19.Jahrhunderts erblickten hier in den Räumen über dem Tor – z.T. unter aktiver Teilnahme von männlichen Medizinstudenten-  jährlich rund 160 Kinder das Licht der Welt.  Der historische Film „Die Hebamme – auf Leben und Tod“  von 2009 (zuletzt von 3Sat präsentiert) zeigt sehr einprägsam eine ähnliche Konstellation, in der sich ledige Schwangere in Tirol um das Jahr 1813 zwangsweise wiederfanden.

Was ein Goldenes Kreuz mit der Geburtshilfe in Anhalt zu tun hat, ist dem interessanten Artikel des Sachsen-Anhalt-Journals (4-22) des Landesheimatbundes „Eine Rarität ist wieder aufgetaucht“ von Robert Gotzmann zu entnehmen. Es wird hier ausdrücklich um Recherche-Mithilfe gebeten!

Infos „Von der Weiberkunst zur Kunsthilfe“ finden sich im gleichnamigen Kapitel von Marita Metz-Becker im FrauenOrte-Band 1 , S. 82-97.

Zu einem virtuellen Stadtrundgang (nicht nur) im Umfeld der Neuen Residenz (= ein offizielles Reiseland Sachsen-Anhalt -YouTube-Video)

… mit Gästeführer Klaus Hennecke

… und Mediziner*innen (u.a. zu Phillipp Friedrich Theodor Meckel) ist eine eigene Stadtführung seines Kollegen Uwe Bornschein gewidmet.

Ein weiterer FrauenOrt mit medizingeschichtlichem Hintergrund befindet sich in Quedlinburg, der Welterbestadt im Harz, hat aber durchaus direkt etwas mit Halles Universität zu tun.