Industrie- und Filmmuseum Wolfen
Die Filmfabrik Wolfen war 85 Jahre Arbeitsplatz für viele Frauen der Region. Flinke Frauenhände wurden bei der Konfektionierung der Filme und der Herstellung von Chemiefasern benötigt. Mit über 8000 weiblichen Beschäftigten galt die Filmfabrik in den 80er Jahren als größter Frauenbetrieb der DDR.
Bereits mit dem Aufbau des Werkes ab 1909 versuchte die Betriebsleitung mit sozialen Angeboten, wie dem Wöchnerinnenheim oder dem preisgünstigen Verkauf im werkseigenen Kaufhaus, Frauen für die Stammbelegschaft zu gewinnen. Sogar ein Ferienheim in Thüringen stand den Frauen zur Erholung zur Verfügung.
Diese sozialen Angebote erfuhren nach 1945 eine kontinuierliche Erweiterung – so z.B. durch die Nutzung der betriebseigenen Wäscherei, des Bestellservices für Waren des täglichen Bedarfs oder durch zahlreiche Kinderkrippen- und Kindergartenplätze, auch mit dem „Muttibus“, Kuren oder der werkseigenen Schneiderei. In speziellen Klassen der Betriebsakademie qualifizierten sich Frauen zu Facharbeiterinnen, Meisterinnen und Ingenieurinnen. Frauen nahmen als Generaldirektorin, Sozialdirektorin und Personaldirektorin Verantwortung im Werk wahr.
Auch wenn dies emanzipatorischen Ansprüchen der Gesellschaft entsprach, konnte von einer wirklichen Gleichberechtigung der Frauen nicht die Rede sein. Über Jahrhunderte tradierte Frauenrollen wurden dadurch nicht aufgebrochen.
Heute kündet nur noch das Denkmal „Chemiearbeiterin“ vor dem ehemaligen Verwaltungsgebäude von der Bedeutung des einst größten Frauenbetriebes der DDR.
______________________________________________________________________________________




Weiterführende Hinweise:
Zum Museumsbesuch: Nach Umbau und Ausstellungserweiterung um den Bereich „Faser“, d.h. zur Wolfener Chemiefaser-Forschung und -Produktion, ist das ifm seit 26. November 2022 wieder von Dienstag bis Sonntag von 10-16 Uhr geöffnet. Der Besuch der Dauerausstellung Filmherstellung ist nur im Rahmen einer Führung möglich! Diese finden um 10, 12 und 14 Uhr statt. Zu Beginn wird der Film „Film und Faser“ (Dauer: 26 min) gezeigt. Weitere Infos finden Sie hier bzw. im aktuellen Volksstimme-Artikel s.u.)

Seit 2022 gibt es OSTEN „ein Festival für Kunst und gegenseitiges Interesse. Es erforscht und feiert „den Osten“ als Landschaft der Veränderungen für Mensch, Natur und Zusammenleben. Im Sommer 2022 hat das Festival zum ersten Mal mit einem vielseitigen Kultur-Programm dazu eingeladen, den Osten am Beispiel von Bitterfeld-Wolfen aus künstlerischer Perspektive (neu) zu entdecken. Das hiesige Frauenzentrum Wolfen ist von Anfang an beteiligt. Das Wochenende WIEDERSEHEN IN WOLFEN wurde als Auftakt für die Vorbereitungen des nächsten Festivals genutzt.
Vom 1. bis 16. Juni 2024 lädt Bitterfeld-Wolfen das nächste Mal zum OSTEN-Festival ein!


Diesem FrauenOrt ist eine eigene Podcast-Folge gewidmet sowie den Arbeiterinnen ein eigenes Buch, erschienen im Kiepenheuer-Verlag, 1995.
Das Museum ist – neben dem benachbarten Ferropolis, der Stadt aus Stahl – eine der bekanntesten sachsen-anhaltischen Stationen an der Europäischen Route der Industriekultur .
mdr-Filmbeitrag „Brigadeglück und Zwangsarbeit | Die Filmfrauen von Wolfen; anzusehen via Youtube
Zum Thema weiblicher Erwerbsarbeit im 20.Jahrhundert in Sachsen-Anhalt